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Ausgabe: August 2016 |
Auskunft im Pflichtteilsrecht |
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Möchte jemand seinen Pflichtteil geltend machen, so muss er sich zunächst die notwendigen Informationen zum Vermögen des Verstorbenen verschaffen. Hierfür gibt das Gesetz einen Auskunftsanspruch gegen den oder die Erben. Dabei ist auch Auskunft über Schenkungen des Verstorbenen zu erteilen, weil diese gegebenenfalls für die Pflichtteilsberechnung relevant sein können. Doch wie weit reicht diese Auskunftspflicht zurück?
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart hat der Erbe die letzten zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers zu betrachten, umfangreiche Erkundigungen anzustellen und auch die Kontoauszüge der vergangenen zehn Jahre selbst zu sichten. Dass die Banken für die Erstellung der Kontoauszüge eine Aufwandsentschädigung verlangen (im zu entscheidenden Fall 1.500,00 EUR), sei dabei unerheblich, weil der Betrag nicht unverhältnismäßig sei. |
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Pflichtteilsergänzung bei Wohnrechtsvorbehalt |
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Es dürfte weitgehend bekannt sein, dass bei der Berechnung des Pflichtteils die Schenkungen des Erblassers in den 10 Jahren vor dessen Versterben eventuell herangezogen werden müssen und so den Pflichtteil erhöhen können. Nach der aktuellen Gesetzeslage wird die Schenkung im ersten Jahr vor dem Tos in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres um jeweils 10% weniger berücksichtigt (Abschmelzung). Doch wann beginnt die 10-Jahres-Frist zu laufen? Diese Frage wurde immer wieder insbesondere im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen bei Vorbehalt eines Nutzungsrechts (z.B. Nießbrauch oder Wohnrecht) diskutiert.
Der Bundesgerichtshof hatte sich im Juni des laufenden Jahres ebenfalls mit dieser Frage zu befassen. Ein Erblasser und dessen Frau übertrugen ihr mit einem Wohnhaus (3 Wohnungen) bebautes Grundstück an einen ihrer Söhne. Sie behielten sich ein Wohnrecht an der Wohnung im Erdgeschoss, die Mitbenutzung des Gartens und der Nebengebäude sowie aller Leitungen und Anlagen zur Versorgung des Gebäudes vor. Zu Lebzeiten der Eltern sollte der Sohn das Grundstück weder veräußern, noch ohne Zustimmung Um- oder Ausbaumaßnahmen vornehmen dürfen. Auf eine Absicherung dieser Beschränkung (Rückübertragung bei Verstoß) wurde ausdrücklich verzichtet. Der Vertrag wurde im Dezember 1993 geschlossen, die Grundbucheintragung erfolgte im November 1994. Nach dem Tod des Vaters im August 2012 machte der andere Sohn gegenüber der Mutter Pflichtteilsansprüche geltend. Er war der Ansicht, dass auch die Schenkung Berücksichtigung finden müsse, weil sich die Eltern die Nutzung weiter vorbehalten hatten und somit die 10-Jahres-Frist nicht zu laufen begann.
Dies sah das Gericht anders. Die Frist habe mit Eintragung im Grundbuch begonnen zu laufen und sei im Zeitpunkt des Erbfalls abgelaufen gewesen. Für das Gericht war entscheidend, dass sich die Eltern nur einen Teil des Gebäudes zur Nutzung sicherten, ohne dieses Nutzungsrecht auf Dritte übertragen zu können und sie das Hausgrundstück nicht mehr in der bisherigen Art und Weise nutzen konnten. |
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Abänderung von Jugendamtsurkunden |
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Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg (Beschluss vom 26.05.2016 – 10 WF 43/15) hatte in einem Rechtsstreit über die Rechtswirksamkeit von abgeänderten Jugendamts-urkunden zu entscheiden.
Im zugrundeliegenden Fall war im Dezember 1998 eine Jugendamtsurkunde über zu zahlenden Kindesunterhalt errichtet worden. Diese wurde nachfolgend durch eine Jugendamtsurkunde im Januar 2001 abgeändert. Später wurde aus der Jugendamtsurkunde von 1998 vollstreckt, wogegen Vollstreckungsabwehrklage erhoben worden ist.
Das Gericht entschied, dass die Vollstreckung aus der ersten Urkunde weiterhin möglich sei.
Es stellte klar, dass eine Jugendamtsurkunde ein Unterhaltstitel und eine Abänderung eines solchen Titels nur im gerichtlichen Verfahren möglich sei. Eine Abänderung durch die bloße Erstellung einer neuen Jugendamtsurkunde ist nicht möglich.
Häufig verpflichten sich Unterhaltsschuldner in einer Jugendamtsurkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt in einer bestimmten Höhe. Ändern sich später die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen in nicht unerheblicher Höhe und möchte er aus diesem Grund die erstellte Urkunde geändert haben, ist dies nicht durch die Erstellung einer neuen Jugendamtsurkunde möglich. Eine solche Urkunde kann nur durch das Gericht abgeändert werden. |
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Heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs führt zur verhaltensbedingten Kündigung |
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Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz entschied in seinem Urteil vom 03.02.2016 (7 Sa 220/15) darüber, wie der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs und dessen spätere Verwertung zu beurteilen ist.
Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung. Die Klägerin hatte einen Teil eines zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten geführten Personalgesprächs heimlich mit ihrem Smartphone aufgenommen. Im Zuge eines vorangegangenen Kündigungsschutzverfahrens wurde ein Wortprotokoll dieses mitgeschnittenen Personalgesprächs zur Gerichtsakte gegeben. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber nochmals ordentlich und verhaltensbedingt. Diese Kündigung war Grundlage des erneuten Kündigungsschutzverfahrens.
Das LAG urteilte, dass die Kündigung wirksam sei. Der heimliche Mittschnitt eines Personalgesprächs ist nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich geeignet, eine ordentliche und auch eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Klägerin habe ihre – aus dem Arbeitsverhältnis resultierende – Rücksichtnahmepflicht erheblich verletzt. Sie habe in die Grundrechte ihres Vorgesetzten eingegriffen. Dieser Eingriff erfolgte mehrfach, zuerst durch den Gesprächsmitschnitt und nachfolgend dadurch, dass das Wortprotokoll des Gesprächs in einen Rechtsstreit eingebracht worden ist. Durch dieses mehrfache Fehlverhalten sei das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und dem Vorgesetzten und zwischen der Klägerin und dem Arbeitgeber zerstört.
Auf Grund der Schwere der Pflichtverletzung bedurfte es keiner vorherigen Abmahnung durch den Arbeitgeber.
Das Gericht führte aus, dass ein Arbeitgeber nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, seine Mitarbeiter vor den Gefahren einer heimlichen Aufnahme vertraulicher Gespräche und deren späterer Verwendung zu schützen.
Arbeitnehmer welche befürchten, dass es im Zuge eines geführten Personalgesprächs nachfolgend auf deren konkreten Inhalt ankommt, ist dringend dazu zu raten, zu diesem Gespräch ein Betriebsratsmitglied oder eine andere Vertrauensperson mitzunehmen, welcher notfalls den Gesprächsinhalt bezeugen kann. |
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