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Ausgabe: August 2024

 

Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankung
In seinem Urteil vom 07.05.2024 (5 Sa 56/23) hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern über das Kündigungsrecht des Arbeitgebers bei häufigen Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers entschieden.

Zum Fall:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer streiten über die Wirksamkeit einer personenbedingten Kündigung auf Grund von häufigen Kurzerkrankungen.
Der Kläger war seit 2006 bei dem Arbeitgeber beschäftigt und seit 2018 mehrfach arbeitsunfähig erkrankt. In den Jahren 2018 bis 2022 war er, mit Ausnahme des Jahres 2020, an dem er an 33 Arbeitstagen arbeitsunfähig war, zwischen 40 und 44 Arbeitstagen arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber hatte Entgeltfortzahlungskosten in diesem Zeitraum zwischen ca. 6.300,00 Euro und 8.430,00 Euro jährlich.
Die vom Arbeitgeber angebotenen Maßnahmen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement nahm der Kläger teilweise wahr, teilweise reagierte er nicht bzw. teilte mit, von dem Angebot auf Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keinen Gebrauch zu machen.
Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitnehmer.
Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung. Er war der Auffassung, die Kündigung sei unwirksam, da keine Negativprognose vorläge. Einige seiner Erkrankungen seien ausgeheilt. Andere Erkrankungen stünden im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
Der beklagte Arbeitgeber begründete die Kündigung damit, dass die Kündigung aufgrund der umfangreichen Ausfallzeiten des Klägers berechtigt sei. Auch zukünftig sei mit erheblichen Fehltagen zu rechnen. Die daraus entstehenden wirtschaftlichen und betrieblichen Belastungen des Arbeitgebers seien nicht mehr hinnehmbar. Der kurzfristige Ausfall des Klägers habe jeweils die Anordnung von Überstunden bzw. eine für die Beklagte kostenintensive Beschäftigung von Leiharbeitnehmern erfordert.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG hielten die Kündigung für wirksam.

Das Arbeitsgericht war der Auffassung, dass eine negative Gesundheitsprognose aufgrund der konstanten Fehlzeiten von jeweils mehr als sechs Wochen in den Jahren 2018 bis 2022 indiziert sei.
Der Kläger habe lediglich behauptet, dass die Krankheiten ausgeheilt seien und dies nicht bewiesen.
Die regelmäßigen Fehlzeiten von durchschnittlich mehr als 40 Arbeitstagen pro Kalenderjahr seien auf Dauer nicht hinnehmbar. Der Kläger überschreite die durchschnittlichen Ausfallzeiten der Beschäftigten im Betrieb bei Weitem. Die Gespräche zum betrieblichen Eingliederungs-management hätten auch zu keiner Verringerung der Fehlzeiten geführt. Im Ergebnis überwiege das Interesse der Beklagten an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so das Gericht.

Auch das LAG war der Auffassung, dass die Kündigung rechtmäßig war.
Häufige Kurzerkrankungen können eine personenbedingte Kündigung begründen, wenn eine Prognose besteht, dass es auch künftig zu Erkrankungen im bisherigen – erheblichen – Umfang kommen werde (Negativprognose), diese prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen, sei es durch Betriebsablaufstörungen oder durch Entgeltfortzahlungskosten für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen jährlich, und diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber unter Abwägung mit dem Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht mehr hingenommen werden müssen.

Um die Negativprognose zu entkräften muss der Arbeitnehmer darlegen, weshalb im Kündigungs-zeitpunkt mit einer baldigen Genesung zu rechnen war.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer dies nicht getan.
Das Gericht teilte mit, dass der Kläger keine nachvollziehbaren Gründe vorgetragen habe, weshalb die Krankheiten zukünftig nicht mehr bzw. nicht mehr in diesem Umfang auftreten werden.
Ein ärztliches Attest habe der Kläger nicht vorgelegt. Auch eine ärztliche Einschätzung, die sich insbesondere auch mit dem jeweiligen Grundleiden auseinandersetzt, hat der Kläger nicht vorgelegt.
Der Kläger habe weder dargelegt, welche Maßnahmen die behandelnden Ärzte empfohlen haben, noch habe er mitgeteilt, wie die behandelnden Ärzte seinen Gesundheitszustand aktuell beurteilen und welche Umstände für eine Verringerung der Fehlzeiten sprechen. Es fehlt ein Vortrag des Klägers aufgrund welcher Behandlungen, Therapien bzw. operativen Eingriffe eine Heilung eingetreten sei.


Treten über einen Zeitraum von mehreren Jahren jährlich mehrere (Kurz-)Erkrankungen auf, spricht dies für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes, es sei denn, die Krankheiten sind ausgeheilt.
Es ist unerheblich, dass die Arbeitsunfähigkeitszeiten auf unterschiedlichen Erkrankungen beruhen. Selbst wenn die Krankheitsursachen verschieden sind, können sie doch auf eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit hindeuten, die prognostisch andauert.
Es ist in einem solchen Fall im Interesse des Arbeitnehmers, seinem Arbeitgeber mitzuteilen, warum zukünftig nicht mehr mit häufigen Kurzerkrankungen zu rechnen ist. Er muss mitteilen, welche Behandlungen, Therapien oder womöglich operative Eingriffe eine Heilung wahrscheinlich gemacht haben. Die behandelnden Ärzte sollten eine positive Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung abgeben und von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden werden.
Die bloße Behauptung der Heilung, ohne nähere Beweise, genügt dem Arbeitnehmer für eine positive Gesundheitsprognose nicht.
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