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Ausgabe: April 2022 |
Sind Urlaubstage bei Quarantäne nachzugewähren? |
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Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hatte sich in seiner Entscheidung vom 27.02.2022 (Az 5 Sa 1030/21) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im Falle einer Quarantäne-anordnung während eines bewilligten Urlaubs die Urlaubstage nachzugewähren sind.
Im zugrundeliegenden Fall, stritten die Beteiligten darüber, ob acht Urlaubstage für das Jahr 2020 nachzugewähren sind.
In der Zeit vom 12.10.2020 bis 21.10.2020 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Urlaub im Umfang von acht Tagen. Am 14.10.2020 erließ die zuständige Behörde eine Ordnungsverfügung, mit der sie die Absonderung des Klägers in häusliche Quarantäne für die Zeit vom 09.10.2020 bis 21.10.2020 anordnete, da der Kläger zuvor mit einem bestätigten COVID-19-Fall Kontakt hatte.
Der Kläger informierte die Beklagte unverzüglich über die Quarantäne. Dennoch wurde das Arbeitszeitkonto des Klägers mit acht Urlaubstagen belastet. Auf mehrere Aufforderungen des Klägers, die acht Urlaubstage seinem Urlaubskonto wieder gutzuschreiben, reagierte die Beklagte nicht.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Gutschrift von acht Urlaubstagen auf seinem Urlaubskonto. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, die beim LAG eingelegte Berufung hatte Erfolg.
Nach Auffassung des LAG Hamm sei beim Zusammentreffen von bereits gewährtem Urlaub und der nachträglichen Anordnung von Quarantäne der § 9 BUrlG entsprechend anzuwenden.
Es urteilte, „die Zeiten der Quarantäne sind analog § 9 BUrlG nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen. Diese sind dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt nachzugewähren. Zu diesem Zweck sind diese dem Urlaubskonto gutzuschreiben“.
Nach der Rechtsprechung trägt regelmäßig der Arbeitnehmer das Risiko, dass sich der Urlaubszweck nach der Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber nicht (vollständig) realisiert. Dieses Risiko werde regelmäßig durch innere und äußere Umstände beeinflusst, die dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen seien.
Aber der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub soll es dem Arbeitnehmer ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen.
Das LAG war der Auffassung, dass eine Quarantäne-Anordnung immer einem wesentlichen Aspekt der Urlaubsgewährung entgegen stehe, die darin besteht, die Urlaubsgestaltung frei zu bestimmen bzw. selbstbestimmt zu gestalten. Zwar schuldet der Arbeitgeber tatsächlich keinen "Urlaubserfolg", so das Gericht. Der Arbeitnehmer soll aber zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werden, um ihm die uneingeschränkte Möglichkeit selbstbestimmter Nutzung seiner Freizeit zu geben. Die Quarantäne-Bestimmungen verhindern dieses Ziel, da sie bestimmen, wo sich eine Person aufzuhalten hat, mit wem sie Kontakt haben darf und ob sie sich gegebenenfalls Untersuchungen unterziehen muss.
Das Gericht war der Auffassung, „die Anordnung einer Quarantäne steht damit einer freien, selbstbestimmten Gestaltung des Urlaubszeitraumes diametral gegenüber, unabhängig davon, wie der einzelne Betroffene diese persönlich empfindet“.
Die dem Kläger im Zeitraum der Quarantäne im Zeitraum des bewilligten Urlaubs vom 12.10.2020 bis 21.10.2020 anfallenden acht Urlaubstage seien weiterhin dem Urlaubskonto des Klägers gutzuschreiben, so das LAG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung und mehrerer abweichender Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte (so z.B. die Landesarbeitsgerichte in Düsseldorf, Schleswig-Holstein und Köln) hat das LAG Hamm die Revision zugelassen. |
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