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Ausgabe: Dezember 2021 |
Gut funktionierendes Umgangsmodell oder Wechselmodell ? |
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Das OLG Frankfurt hatte in seinem Beschluss vom 06.07.2021 (3 UF 144/20) über einen Fall zu entscheiden, in dem sich die Eltern über die Ausgestaltung des Umgangs nicht einigen konnten. Die gemeinsamen Kinder waren 2008 und 2011 geboren und lebten im Haushalt der Mutter. Der bisherige Umgang war so, dass der Vater wöchentlichen Umgang, wechselnd von samstags bis dienstags oder von sonntags bis dienstags hatte.
Die Kinder wurden dazu angehört und wollten beide diese Form des Umgangs beibehalten.
Der Vater strebt ein Wechselmodell an.
Das Gericht war der Ansicht, dass das bislang gut funktionierende Umgangsmodell beibehalten wird. Eine Ausweitung des seit geraumer Zeit praktizierten und von den Kindern gut angenommenen und von ihnen auch für die Zukunft gewünschten Umgangs gegen ihren Willen würde dem Kindeswohl widersprechen.
Grundsätzlich ist eine einvernehmliche und gut funktionierende Umgangsregelung der Eltern für das Kind wünschenswert. Die Interessen der Eltern spielen eine Rolle. Es ist verständlich, wenn die Eltern gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen möchten. Im so genannten Wechselmodell ist dies möglich, allerdings erfordert dieses Modell eine gute Kommunikation und Kooperation zwischen den Eltern.
Das OLG Frankfurt ist aber der Ansicht, dass ein Elternteil keinen Anspruch auf das Wechselmodell hat.
Entscheidend für die Umgangsregelung sei allein das Wohl des Kindes. Funktioniert eine bereits praktizierte Umgangsregelung gut und möchte auch das Kind diese beibehalten, bleibt es dabei.
Das Gericht führte aus,dass das Alter der Kinder Berücksichtigung finden muss. Bei jüngeren Kindern könne eine Entscheidung auch gegen den geäußerten Willen des Kindes ergehen, wenn der geäußerte Kindeswille das Ergebnis einer illoyalen Einflussnahme eines Elternteils ist und der Umgang nach einer Gesamtabwägung der Kindeswohl relevanten Gesichtspunkte seinem Wohl entspricht.
Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Kinder seien 9 und 12 Jahre alt und haben einen reifen und sehr verständigen Eindruck gemacht. Beide Kinder wissen, was die Regelung des Umgangs für sie bedeutet und welche Positionen ihre Eltern vertreten. Sie haben mehrfach gegenüber unterschiedlichen Beteiligten geäußert, dass die bislang praktizierte Umgangsregelung von ihnen gut annehmbar und umsetzbar ist. Sie haben ausdrücklich erklärt, dass sie eine Änderung dieser Regelung nicht wünschen.
Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wille der Kinder nicht beachtlich wäre.
Es sei auch nicht erkennbar, dass eine Abänderung des bisher praktizierten Umgangs notwendig sei, etwa zur Förderung der Kinder - im schulischen Bereich - oder zur Verbesserung der Beziehung zum Vater.
Die Sicht der Kinder und ihre Begründung, warum sie keine Änderung wünschen, sei nachvollziehbar. Im Rahmen der zunehmenden Autonomie der Kinder sei dies zu beachten.
Das Gericht betonte, es sei bei derart reifen und reflektierten Kindern für das Kindeswohl außerordentlich problematisch, wenn ihnen nun eine, von ihren geäußerten Vorstellungen abweichende, Umgangsregelung "gerichtlich verordnet" werden würde. Das Gericht ist der Überzeugung, dass es den Kindern, die unter dem Konflikt ihrer Eltern unzweifelhaft leiden, am ehesten gerecht wird, wenn es ihren Willen respektiert.
Eine vom Vater gewünschte Betreuung auf Augenhöhe und angemessene Rolle im Leben seiner Kinder setze keine wöchentlich wechselnde Betreuungszeit voraus. Maßgeblich bei der Umgangsregelung sei allein das Wohl des Kindes und nicht vermeintliche Gerechtigkeits- und Gleichberechtigungserwägungen eines Elternteils.
Ein Wechselmodell sei nur dann anzuordnen, wenn eine geteilte Betreuung durch beide Elternteile im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspreche. |
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