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Ausgabe: Januar 2023

 

Keine persönliche Betreuungspflicht des Vorsorgebevollmächtigten
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich kürzlich mit der Frage auseinanderzusetzen, wann ein Vorsorgebevollmächtigter aufgrund großer räumlicher Entfernung nicht geeignet ist, seine Aufgaben gleich eines Betreuers wahrzunehmen.
Eine Frau stand wegen psychischer und körperlicher Erkrankung unter Betreuung, wobei ein Berufsbetreuer eingesetzt wurde. Der Ehemann der Betreuten sah sich dazu zunächst nicht in der Lage. Die Betreute war in einer Psychologischen Klinik untergebracht, welche mehrere Autofahrtstunden vom Wohnort der Eheleute entfernt war und wollte auch nach der Entlassung in der Nähe der Klinik für eventuelle Notfälle wohnen bleiben. Nunmehr sollte die Betreuung aufgehoben werden, da ja der Ehemann der Betreuten mit einer Vorsorgevollmacht ausgestattet war, alternativ sollte dieser zum Betreuer bestellt werden. Das lehnte das Betreuungsgericht ab. Auch die Beschwerde dagegen blieb ohne Erfolg. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Ehemann der Betroffenen sei nach wie vor ungeeignet, die Angelegenheiten der Betroffenen zu besorgen und ihre Interessen diesbezüglich zu wahren. Die Kontakte zwischen der Betroffenen und ihrem Ehemann fänden ausschließlich telefonisch statt. Dies sei nicht ausreichend, um eine plötzliche Verschlechterung des psychischen Zustands der Betroffenen zuverlässig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen in den Aufgabenbereichen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitssorge zu ergreifen. Die Betroffene bedürfe eines Vorsorgebevollmächtigten oder Betreuers vor Ort, gerade auch vor dem Hintergrund, dass ihre alltagspraktischen Fähigkeiten nicht besonders gut ausgeprägt seien. Es stehe zu befürchten, dass die Betroffene im Fall einer Verschlechterung ihres psychischen Zustands bei einer Betreuung durch ihren Ehemann auf die Distanz nicht ausreichend versorgt wäre. Hilfestellung für sie sei vor Ort notwendig.
Der BGH stimmte dieser Auffassung nicht zu. Allein die räumliche Entfernung des Vorsorgebevollmächtigten vom Wohnort des Vollmachtgebers reiche grundsätzlich nicht aus, um trotz Vorliegens einer wirksamen Vorsorgevollmacht, einen Betreuer zu bestellen. Die Auswahl des Bevollmächtigten obliege allein der Entscheidung des Vollmachtgebers, die zu respektieren sei. Denn in der Regel könne davon ausgegangen werden, dass der Vollmachtgeber bei der Auswahl der Person, der er eine Vorsorgevollmacht erteilen möchte, die räumliche Entfernung des Bevollmächtigten und die sich möglicherweise hieraus ergebenden Probleme bei der Ausübung der Vorsorgevollmacht bedacht habe. Deshalb könne ein Bevollmächtigter, der nicht in der Nähe des Vollmachtgebers wohnhaft sei, nur dann als ungeeignet angesehen werden und deshalb die Bestellung eines Betreuers gerechtfertigt sein, wenn tragfähige Gründe dafür festgestellt werden könnten, dass er aufgrund der räumlichen Entfernung zum Betroffenen die Vollmacht nicht zu dessen Wohl ausüben könne oder wolle.
Solche Umstände seien bislang nicht festgestellt. Soweit das Beschwerdegericht darauf abstelle, dass es im vorliegenden Fall aufgrund der Erkrankung der Betroffenen in besonderem Maße eines persönlichen Kontakts bedürfe, um Verschlechterungen des Gesundheitszustands der Betroffenen frühzeitig wahrzunehmen und entsprechend zu handeln, verkenne es, dass ein Vorsorgebevollmächtigter zwar zu einem regelmäßigen persönlichen Kontakt zum Vollmachtgeber verpflichtet sei, schon um die Informationen zu erhalten, die für Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich sind. Soweit in einer Vorsorgevollmacht keine anderweitigen Regelungen enthalten seien, berechtige die Vorsorgevollmacht den Bevollmächtigten jedoch nur zur rechtlichen Vertretung, verpflichte ihn aber nicht zur persönlichen Betreuung des Vollmachtgebers. Seine Rechtsstellung unterscheide sich insoweit nicht von der eines Betreuers, der nur zur Erbringung solcher Tätigkeiten verpflichtet sei, die erforderlich seien, um die Angelegenheiten des Betroffenen rechtlich zu besorgen. Es ist nicht Aufgabe des Betreuers, die tatsächlichen Lebens- und Pflegebedürfnisse des Betroffenen in eigener Person zu befriedigen. Gleiches gelte in der Regel auch für den Vorsorgebevollmächtigten. Dieser habe wie ein Betreuer nur die notwendigen tatsächlichen Hilfen zu besorgen, nicht jedoch selbst zu leisten. Insbesondere sei er zur Erbringung tatsächlicher Pflegeleistungen oder zur persönlichen Hilfe im Alltag nicht verpflichtet. Dass der Ehemann der Betroffenen deren Versorgung durch die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter - etwa eines Pflegedienstes oder anderer ambulanter Hilfen - nicht gewährleisten könne oder wolle, habe das Beschwerdegericht nicht festgestellt.
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