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Ausgabe: Juli 2023 |
Hausverbot als Erbbedingung? |
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Es gibt unendlich viele Gründe und Motive, eine bestimmte Person zum Erben oder gerade nicht zum Erben einzusetzen. Oftmals wird die Einsetzung zum Erben auch an bestimmte Bedingungen geknüpft. Doch ist das zulässig?
Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich mit einer solchen bedingten Erbeinsetzung auseinanderzusetzen. Eine Frau errichtete ein notarielles Testament und setzte darin ihre Tochter und deren Tochter (Enkelin) zu ihren Erben ein. Das Testament enthielt zwei Bedingungen. Zum einen war es den Erbinnen untersagt, das Grundstück an den Lebensgefährten der Tochter zu übertragen. Zum anderen sollten die Erbinnen dem Lebensgefährten auf Dauer untersagen, das Grundstück zu betreten. Zur Überwachung des Betretungsverbots wurde ein Testamentsvollstrecker eingesetzt. Er sollte die Immobilie bei einem Verstoß gegen die Bedingung veräußern, wobei der Erlös zu ¼ der Tochter, zu ¼ der Enkelin und im Übrigen gemeinnützigen Zwecken zukommen sollte.
Die Erbinnen hielten das Hausverbot für sittenwidrig und wollten das gerichtlich feststellen lassen. Der eingesetzte Testamentsvollstrecker trat dem entgegen. Das Gericht gab den Erbinnen Recht. Bei der Frage, ob eine testamentarische Bedingung wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei, müsse beachtet werden, dass die vom Grundgesetz geschützte Testierfreiheit es einem Erblasser grundsätzlich ermögliche, die Erbfolge nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten und er dabei einen sehr großen Gestaltungsspielraum habe. Sittenwidrigkeit könne daher nur in sehr engen Ausnahmefällen angenommen werden. Dies gelte auch für Bedingungen. Ein schwerwiegender Ausnahmefall, der zur Sittenwidrigkeit einer Bedingung führen könne, sei danach immer nur dann anzunehmen, wenn in der Abwägung zwischen der Testierfreiheit der Erblasserin und den Freiheitsrechten der Betroffenen anzunehmen sei, dass die nur bedingte Zuwendung einen unzumutbaren Druck auf die Bedachten ausübe, sich in einem höchstpersönlichen Bereich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten. Bedingungen, die dagegen lediglich die Nutzung des vererbten Vermögensgegenstandes betreffe, seien dagegen regelmäßig zulässig.
Im vorliegenden Fall weise zwar die angefochtene Bedingung einen Bezug zur Nutzung des vererbten Hausgrundstücks auf, so das Gericht. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles stehe hier jedoch im Vordergrund, dass dem langjährigen Lebensgefährten der Tochter, zugleich Ziehvater der Enkelin, der Zugang zu der schon vor dem Erbfall genutzten Wohnung auf einmal verwehrt sein solle. Das bis zum Tod der Erblasserin unstreitig praktizierte familiäre Zusammenleben könne aufgrund der Bedingung nicht mehr in dieser Form fortgeführt werden. Damit sei der höchstpersönliche Bereich der Lebensführung der Tochter betroffen und die Bedingung sittenwidrig und nichtig.
Als Rechtsfolge der Sittenwidrigkeit dieser Bedingung (Hausverbot) urteilte das Gericht, dass die Bedingung entfällt. Im Übrigen soll das Testament aber weiter Geltung haben, weil davon auszugehen sei, dass die Erblasserin ihre Tochter und ihre Enkelin auch ohne die unwirksame Bedingung zu Erbinnen eingesetzt hätte.
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